True Crime - Verstehen, wie Verbrecher ticken

BR-Podcast über technische Möglichkeiten in der kriminologischen Forschung

Der Podcast IQ – Wissenschaft und Forschung des Bayerischen Rundfunks (BR) beschäftigte sich in seiner letzten Folge mit verschiedenen technischen Methoden, mit deren Hilfe die Wissenschaft Straftäter besser verstehen kann und sich im Idealfall Straftaten verhindern lassen. Vorgestellt wurde unter anderem die Virtual Reality Methode, mit der die Kriminologen unseres Instituts arbeiten und die ihnen bereits erstaunliche Ergebnisse beschert hat.

Wie kann Technik Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern dabei helfen zu verstehen, wie Verbrecher ticken, welche Faktoren krimi­nel­les Verhalten fördern und was (potenzielle) Straftäter vielleicht ab­schreckt? Dieser Frage geht der BR-Podcast IQ – Wissenschaft und Forschung in seiner Folge „True Crime – Verstehen, wie Ver­bre­cher ticken“ nach. Vorgestellt werden technische Methoden und Anwen­dun­gen wie KI, Virtual Reality (VR), und Augmented Reality (AR), die Forschende aus den Bereichen der Kriminologie und der Forensik weltweit einsetzen. 

So wird beispielsweise berichtet, wie der kanadische Forscher Patrice Renaud technische Methoden einsetzt, um das zukünftige Verhalten von verurteilten Sexualstraftätern zu prognostizieren. Eine Methode, die hierfür eingesetzt wird, ist die der Augmented Reality; das bedeutet, dass in der realen Welt digitale Elemente eingefügt werden, die bei Menschen eine Reaktion bewirken. Im konkreten Fall erhalten die Probanden eine AR-Brille, durch die bewusst sexuelle Reize eingespielt werden. Renaud kann nun analysieren, wie die Straftäter darauf reagieren und kann somit potenzielle Gefahren erkennen. Auch hier wird er von Technik unterstützt: Bei der Auswertung helfen Eye Tracking-Daten, Hirnstrom-Messungen sowie Messungen des Erregungszustands. Mit seiner Forschung liefert der Wissenschaftler kanadischen Gerichten die Basis für die Entscheidung, wie lange die Gesellschaft vor einem als gefährlich eingeschätzten Sexualstraftäter geschützt werden muss.

Freiburger Hub der kriminologischen VR-Forschung

Einen sehr konkreten Nutzen hat auch die Forschung der Abteilung Kriminologie des Freiburger Max-Planck-Instituts, deren innovativer Virtual Reality-Forschungsansatz in dem Podcast ebenfalls vorgestellt wird. Zu Wort kommt der Psychologieprofessor Jean-Louis van Gelder, der den VR-Ansatz nach Freiburg brachte und im Jahr 2022 das kriminologische VR-Forschungslabor MAXLab Freiburg eröffnete. Van Gelder gilt zusammen mit der VR-Pionierin Claire Nee von der Universität Portsmouth in Großbritannien als führender Kopf der kriminologischen VR-Forschung.

Eines ihrer gemeinsamen Projekte – das „Virtual Burglary“-Projekt – nutzt Virtual Reality-Versionen von Wohngebieten, um das Verhalten von Ein­bre­chern zu untersuchen. Das Besondere: Die Studie wird in Gefängnissen bei verurteilten Einbrechern durchgeführt, zuletzt in Gefängnissen in Deutschland, den USA und den Niederlanden. Die „Experten“ er­kun­den die virtuelle Wohngegend so, als ob sie dort einen Einbruch begehen wollten. Dabei treffen sie auf verschiedene Abschreckungsszenarien (Beleuchtung, Geräusche, etc.). Ziel der Studie ist es zu messen, wie sich diese Arten der Abschreckung auf das Vorgehen und die Risikowahrnehmung der Einbrecher auswirken. Eye Tracking-Daten und Be­we­gungsmuster der Teilnehmer helfen dabei zu beurteilen, ob und wie gut die verschiedenen Abschreckungs­maß­nah­men funktionieren. Das Ziel: Das Verhalten von Einbrechern soll besser verstanden werden. Mögliche Präventions­maßnah­men können erarbeitet werden und den Einbrechern künftig „die Arbeit schwerer machen“. 

In einer der letzten Untersuchungen fanden die Forschenden beispielsweise heraus, dass dynamische Straßen­beleuch­tung (also Laternen, die angehen, wenn man sich nähert und wieder gedimmt werden, wenn man sich entfernt) nicht so abschreckend wirkt, wie man es erwarten würde. Was dagegen als Abschreckung sehr gut funktionierte, waren Schilder, auf denen Augen zu sehen waren. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass Einbrecher sich dadurch beobachtet fühlen. „Als Studien­ergeb­nis klingt das vielleicht banal, Kommunen aber bringt das einen deutlichen Mehrwert“, heißt es hierzu im Podcast.

Ob Deutschland, Kanada, UK oder anderswo auf der Welt – die Beispiele aus dem Podcast zeigen, wie technische Methoden die kriminologische und forensische Forschung unterstützen können. Eines bleibt dennoch unbestritten: Ohne motivierte und kreative Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die Studiendesigns erarbeiten und die erhobenen Daten auswerten und in einen Kontext einordnen können, wird die Wissenschaft auch künftig nicht auskommen können.

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